
„Mimycri“: Flüchtlingsboote werden zu Upcycling Taschen
Die Designertaschen von „Mimycri“ sind farbenfroh. Bunte Rucksäcke reihen sich an Geldbörsen. Sie sind praktisch, robust und abwaschbar. Doch das Material, aus dem sie gefertigt wurden, erzählt eine traurige, aber auch hoffnungsvolle Geschichte. Es sind die kaputten Überreste von Schlauchbooten. Mit ihnen kamen Menschen aus Nordafrika, dem Irak und Syrien nach Europa. Viele haben die Überfahrt nicht überlebt.
Projektstart in Griechenland
Nora Azzaoui und Vera Günther designen und fertigen zusammen mit Berliner Flüchtlingen diese besonderen Taschen. Als Atelier dient ihnen dabei ein 30 Quadratmeter großer Co-Working-Raum des Fab Lab. Angeboten werden die Unikate dann im Internet. Die Preise liegen dabei zwischen 20 und 180 Euro.
Die Berlinerinnen Nora Azzaoui und Vera Günther haben dieses besondere Hilfsprojekt auf der griechischen Insel Chios gegründet. Sie waren dort, um den unzähligen Flüchtlingen zu helfen, die an der Küste gestrandet waren. Zusammen mit anderen Aktivisten haben sie die ankommenden Migranten mit Wasser und frischer Kleidung versorgt. Als die Flüchtlinge dann weiterzogen, blieben viele Rettungswesten und Schlauchboote zurück. Die Strände waren sehr zugemüllt. Das war der Starschuss für das Upcyling-Projekt „Mimycri“.
Schweizer Kirche spendet Geld
Mithilfe von Spenden, konnten die beiden Frauen rund 400 Kilogramm an Materialien nach Deutschland transportieren. Eine Religionsgemeinschaft aus der Schweiz griff den Gründerinnen dabei finanziell unter die Arme. Diese nach Salzwasser riechenden Gummireste haben sie zusammen mit Flüchtlingshelfern in Griechenland eingesammelt. Anfangs wurden die angeschwemmten Rohstoffe noch zu Hause gelagert.
Zu ihrem Team gehören momentan sieben Flüchtlinge. Die meisten von ihnen sind selbst mit Schlauchbooten aus der Türkei über die Ägäis nach Griechenland gekommen. Diese waren häufig überfüllt. Oft waren es sogar die doppelte Anzahl an Personen, für die das Boot ausgelegt war. Auch Kinder waren dabei. Viele hatten wahnsinnige Angst und weinten die ganze Überfahrt. Trotz der traumatischen Erlebnisse sind die Geflüchteten sehr froh, Teil des Projekts zu sein und etwas Geld zu verdienen.
„Mimycri“ als Perspektivenwechsel
Der Namen „Mimycri“ haben die beiden Berlinerinnen bewusst für ihr Hilfsprojekt gewählt. Er bezeichnet ein biologisches Phänomen. Manche Tiere und Pflanzen können sich gegenseitig nachahmen. Dieser Begriff steht für einen Perspektivenwechsel: Boote können Taschen sein, Geflüchtete werden zu Freunden oder Kollegen. Das Projekt will Hoffnung vermitteln und traumatisierte Menschen unterstützen.
Deutscher Integrationspreis
Kürzlich wurde das Projekt mit dem Deutschen Integrationspreis der Hertie-Stiftung geehrt. Die gemeinnützige Stiftung fördert damit Hilfsinitiativen, die auf besondere Weise den Dialog zwischen Deutschen und Flüchtlingen unterstützen. Projekte, die Geflüchtete aktiv in die Gesellschaft einbinden und damit Integration ermöglichen. „Mimycri“ hat dabei ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro erhalten. Diese Summe sichert den Fortbestand des Upcycling-Projekts.
„Mimycri“ verbindet Integration mit nachhaltigem Upcycling. Dieses Berliner Projekt macht zusammen mit den Geflüchteten aus Schlauchbooten praktische Designertaschen. Dabei erzählt dieses gummiartige Recycling-Material die Geschichte, der vielen Millionen Flüchtlingen, die jährlich an den Küsten Europas stranden. „Mimycri“ steht dabei aber vor allem für Hoffnung und ein grenzenloses Miteinander. Falls Du neugierig geworden bist, unter https://www.mimycri.de erhältst Du mehr Infos und kannst einen Blick auf die Taschen werfen.