Es war einmal… – Märchen als Balsam für die Seele
„Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!“ – „Dass ich dich besser fressen kann!“
Märchen fesseln uns mit ihrer bildhaften, magischen Sprache. Sie begegnen uns in Form von Texten, Hörspielen, in Film und Theater. Sie prägen uns und erklären die Welt. Keinesfalls altbacken können Märchen ein wahrer Schatz sein.
Die Geschichte unserer Märchen
Zwischen 1812 und 1858 veröffentlichten Jakob und Wilhelm Grimm ihre Kinder- und Hausmärchen, die sie aus mehreren Ländern zusammengetragen hatten. Sie entstammen überwiegend volkstümlichen Erzählungen. Bis heute gelingt es Historikern selten den konkreten Ursprung nachzuweisen. Dornröschen könnte vermutlich die Brünhild der Nibelungensage zugrunde liegen, welche vom Schlafdorn gestochen wurde. Schauplatz für Schneewittchen könnten allein vier Orte in Deutschland gewesen sein. Welche Tatsachen hinter den Erzählungen stecken, bleibt ein spannender Mythos.
Märchen erschaffen Bilder
Die Sehnsucht nach einer Reise in die Vergangenheit kennt jeder. Im Unterschied zur Geschichte brauchen Märchen keine Jahreszahlen. Sie sind volksnah und höchstpersönlich. Der eigene Vorfahr könnte Müller gewesen sein – oder gar König! Der grimmtypische Buchmärchenstil ist verständlich und klar. Die ursprünglich als Erwachsenenliteratur verfassten Erzählungen wurden im Lauf der Zeit kindgerecht aufgearbeitet. So hielten sie Einzug ins Kinderzimmer, wo sie gemeinsam mit ganzen Generationen heranwuchsen und ihren Status als Kulturgut erlangten.
Märchen machen schlau
Während Kinder fieberhaft die Erlebnisse ihrer Helden mitverfolgen, tut sich einiges in ihrem Gehirn:
Studien des Max-Planck-Institus Leipzig verbildlichten per Kernspintomografie die plastische Gehirnanpassung lesender Kinder. Und bereits Zuhören verbessert Sprachverständnis, Informationsverarbeitung und Gedächtnisleistung. Die stets gleiche Textabfolge trainiert das episodische Gedächtnis. Begriffe werden verankert, Redewendungen verinnerlicht . „Ich bin so satt, ich mag kein Blatt“ und das berühmte „Spieglein, Spieglein an der Wand“ kennt jeder.
Neben dem Wort- wächst auch der Wissensumfang. Märchen zeigen soziale Strukturgefüge auf. Sie führen heikle Themen wie Macht, Geld, Religion und Tod ein. Werte und Moral werden vermittelt: Der Böse bekommt seine Strafe, der Gute seinen Lohn. Das ist nachvollziehbar und gerecht.
Märchen bedeuten Qualitätszeit
Auch über die Texte hinaus machen die schönen Geschichten Laune. Märchen haben Aufforderungscharakter. Spielerisch darf nach Herzenslust probiert, variiert und experimentiert werden. Diese Erzählungen kennt und mag jeder. Sie sind unpolitisch, unkritisch und unverhandelbar. Theater-AG’s und Laienspielgruppen greifen Märchenthemen deshalb gerne auf.
Ihr zeitloser Zauber beflügelt die Phantasie. Sie liefern idealen Grundstoff für Fan Fiction-Geschichten. Der berühmte Finalsatz „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“ lässt Raum für allerlei Vermutungen.
Märchenmotive füllen Romane, Ausstellungen und Kinofilme. Doch auch weniger bekannte und düstere Märchen können spannende Unterhaltung sein. Wusstest du zum Beispiel, was sich hinter „Der Fuchs und das Pferd“ , „Die klare Sonne bringts an den Tag“ oder dem „Rätselmärchen“ verbirgt?
Fazit
Wie ein Spiegel zeigen Märchen in Abenteuern, scheinbar unlösbaren Aufgaben und allerlei Wundersamem auf, was uns bewegt. Sie verdeutlichen neue Wege und geben Kraft. Und schließlich ermutigen sie jeden, sein Leben beherzt zu gestalten – und tun einfach gut.