Lebendorganspende: Hoffnung für Patienten auf der Spendenliste
Die beiden Kläger aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen dürfen endlich aufatmen. Mit der Leitentscheidung vom 29. Januar 2019 schafft der Bundesgerichtshof einen Präzedenzfall und stärkt so die Patientenrechte der potentiellen Organspender. In beiden Fällen erlitten die Kläger nach einer erfolgreichen Nierenspende zugunsten ihrer nahen Angehörigen gesundheitliche Nachteile. Über diese sollen sie vor der Behandlung nicht oder nur unzureichend aufgeklärt worden sein. Die Klage vor der Vorinstanz blieb allerdings erfolglos. Das OLG Hamm gab der Behandlungsseite Recht – doch das hat sich nun geändert.
Aufklärungsfehler bereits vor der Revision festgestellt
Bereits das OLG Hamm, vor dem die Sachverhalte zuvor verhandelt worden waren, hatte eine fehlerhafte Aufklärung in beiden Fällen festgestellt, die Klage aber dennoch abgewiesen. So fehlte es beispielsweise an der durch das Transplantationsgesetz vorgeschriebenen Niederschrift und der Beteiligung eines neutralen Arztes an dem Aufklärungsgespräch. Außerdem waren die Spender über mögliche Komplikationen und Folgeerkrankungen nicht ausreichend informiert worden. Die Behandelnden unterstellten den Klägern, dass sie sich auch im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung in Kenntnis aller Risiken für die Lebendorganspende entschieden hätten und bekam Recht. Die Klage wurde unter dieser Begründung zurückgewiesen, die Aufklärungsfehler wurden für unbeachtlich erklärt.
Umfassende Aufklärung unabdingbar
Der Bundesgerichtshof lässt die Klage der beiden Spender in der Revision zu. Da der Spender allein aus altruistischen Motiven sein gesundes Organ spendet und es an einer medizinischen Notwendigkeit für den Eingriff fehlt, können für seine Entscheidung alle denkbaren Risiken und Folgen von Bedeutung sein, so der BGH. Bei der Lebendorganspende sei kein Raum für den allgemein anerkannten Einwand, dass ein Patient auch bei vollständiger Aufklärung an der Entscheidung zur Behandlung festgehalten hätte. Vielmehr sei es unabdingbar, den Spender vor dem Eingriff umfassend aufzuklären.
Spendenbereitschaft erhöhen – Vertrauen in die Transplantationsmedizin stärken[h3/]
Ziel des 1997 erlassenen Transplantationsgesetzes (TPG) ist es, die Spendenbereitschaft in Deutschland zu erhöhen. Daher müssen alle potentiellen Lebendorganspender besonders geschützt werden. Das TPG stellt deshalb erhöhte Anforderungen an die Aufklärung des Patienten: Seine Entscheidung muss freiwillig und ohne, dass auf den Spender unzulässig Druck ausgeübt worden ist, getroffen worden sein. Um dies zu prüfen, wird eine Ethikkommission eingesetzt. Ebenso wird vom TPG zwingend vorgeschrieben, dass der Patient über alle Risiken, die für ihn von Bedeutung sein könnten, in Kenntnis gesetzt werden muss. Mit dem Urteil vom 29. Januar möchte der BGH sicherstellen, dass der potentielle Spender angemessen informiert wird und so das Vertrauen in die Transplantationsmedizin langfristig stärken.
Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung
Mehr Spendenbereitschaft – darauf dürfen die Organempfänger auf der Warteliste hoffen. Wer sich für die Spende eines Organs entscheidet, soll in Zukunft mehr Schutz erhalten. Der BGH will hierbei eine Entscheidung aus freien Stücken und in Kenntnis aller Risiken sicherstellen. Im Hinblick auf die viel zu geringe Spendenzahl ist dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.