Plastikfressende Raupe als Hoffnungsschimmer
Jeder kennt die Situation vom täglichen Einkauf: Lebensmittel sind in Plastik verpackt, wer keine Einkaufstasche dabei hat, wird mit einer Plastiktüte versorgt. Müllberge sammeln sich an – nicht nur im Haushalt, sondern auch in der Umwelt. Abhilfe könnte jetzt eine zufällige Entdeckung schaffen. Larven, die sich durch Plastik fressen, könnten schon bald für weniger Belastung von Mensch, Tier und Umwelt sorgen.
Zufällige Entdeckung sorgt für Sensation
Eine Hobby-Imkerin aus Italien entdeckte rein zufällig, dass Wachsmotten-Larven, die sie gerade aus ihrem Bienenstock entfernt hatte, sich durch Plastik fressen. Sie, die hauptsächlich als Forscherin tätig ist, nimmt die kleinen Tierchen zur Untersuchung ins Labor mit. Was dann folgt, ist eine kleine Sensation und ein Lichtblick am Ende des Tunnels voller Mülltüten. Forscher sprechen davon, dass die Raupe imstande ist, innerhalb kürzester Zeit eine Plastik-Tüte komplett zu zerfressen. Knapp 100 Wachsmotten Larven haben in 12 Stunden ca. 92 Milligramm einer normalen Einkaufstüte gefressen. Die Hobbyimkerin Federica Bertocchini ist begeistert – und nicht nur sie. Denn das ist ein schnellerer Abbau als alles, was bisher wissenschaftlich bekannt war.
Potential ist vorhanden
Aufgrund der hohen Zersetzungsgeschwindigkeit vermuten Forscher ein großes Potential für biotechnologische Anwendungen. Immerhin soll ein Molekül oder Enzym dafür verantwortlich sein, das isoliert werden könnte. So hätte man dann die Möglichkeit, es in der Folge in großer Menge zu produzieren und für den Abbau von Plastikmüll einzusetzen. Die Larven der großen Wachsmotte, auch als Galleria mellonella bezeichnet, fressen vor allem den Kunststoff Polyethylen, auch als PE bekannt. Aus diesem Stoff produzieren die zuständigen Unternehmen jährlich auf der ganzen Welt eine Billion Plastiktüten. Diese benötigen aufgrund ihrer Zusammensetzung mehrere Jahrhunderte, um sich zu zersetzen.
Klar, diese Tüten sind praktisch – immerhin ist PE gegen Wasser und Säuren beständig und damit als Verpackungsmaterial nur allzu praktisch. Und Hand aufs Herz, wer hat schon immer einen Einkaufskorb parat, wenn er schnell in den Laden ums Eck läuft um die vergessene Milch einzukaufen? Oder möchte die schweren Flaschen mit Milch schleppen, die man erst recht wieder reinigen und zurück bringen muss?
Verpackungsfrei leben?
Auch, wenn die plastikfressende Raupe eine wunderbare Zukunftsvision darstellt, ist klar, dass der Konsument viel für weniger Verpackungsmüll beitragen kann. Doch der Mensch ist ein Gewohnheitstier und verpacktes Obst und Gemüse sowie die neue Jeans und das gerade gekaufte T-Shirt werden halt in einer Tüte verpackt mitgenommen. Damit ist es auch kaum verwunderlich, dass Unternehmen pro Jahr so viele Tüten herstellen und diese an die Kunden herausgeben.
Eine Alternative zur Raupe, deren universeller Einsatz ja noch entwicklungstechnisch in den Kinderschuhen steckt, ist biologisches Plastik. Dieses haben Forscher aus Bayern hergestellt und zwar mit einer Abbauzeit von zwei bis drei Wochen. Das Material besteht aus Kleie, also ein reines Naturprodukt, womit Tüten fast wieder mit dem guten Gewissen vereinbar sind. Ob verpackungsfrei leben, jederzeit mit Einkaufskorb und Tasche unterwegs sein oder aber auf umweltverträgliche Plastiktüten setzen – es scheint dank der kleinen Raupe aus dem italienischen Bienenstock eine Alternative für Plastiktüten zu geben.