„Man ist, was man isst“: Gefühle prägen unser Essverhalten
Viele Menschen greifen nach einem anstrengenden Tag zu einem Stück Schokolade. Doch auch andere Emotionen beeinflussen unser Essverhalten. Haben wir also gar keinen freien Willen, wenn es um unser tägliches Menü geht, sondern sind unseren Gefühlen unterworfen?
Geschmackspräferenzen und Lieblingsspeisen
Seit unserer frühesten Kindheit wird unser Geschmackssinn ausgebildet und verfeinert sich stetig weiter. Süße Lebensmittel verbinden wir evolutionsbedingt mit Sicherheit und Geborgenheit. Auch die Muttermilch schmeckt süß. Das könnte einer der Gründe dafür sein, dass die meisten Menschen süße Speisen bevorzugen, wenn sie Trost suchen. Außerdem schauen sich Kinder bei ihren Eltern bestimmte Essgewohnheiten ab, die sie auch später weiterführen. Diese Einflüsse von außen nehmen mit dem Älterwerden stetig zu. Auch die Kultur, in der Menschen aufwachsen, nimmt Einfluss auf ihre Essgewohnheiten. Im frühen Erwachsenenalter beginnen dann kognitive Einflüsse wie Gesundheitsaspekte, Entdeckungslust oder Diätempfehlungen eine wichtige Rolle bei der Ernährung zu spielen.
Was beeinflusst die Lebensmittelauswahl?
Schaut man sich die Motive, die uns bei der Auswahl unserer Lebensmittel beeinflussen, stehen Emotionen neben ökonomischen Einflüssen und kulturellen Gründen ganz oben auf der Liste. Denn Essen ist keine reine Nahrungsaufnahme, sondern häufig auch mit sozialen Aktivitäten verbunden, die uns Freude bereiten. Tatsächlich macht Essen vielen Menschen einfach Spaß. Besonders ungesundes Essen wird innig geliebt, führt aber gleichzeitig zu Gewissenskonflikten. Die Wirkungen der Emotionen unterscheiden sich stark voneinander. Während Langeweile den Appetit eher steigert, senken Gefühle wie Eifersucht das Hungergefühl. Gleichzeitig kann Essen auch von negativen Emotionen ablenken oder diese Gefühle besänftigen. Essen hat in diesen Situationen eine Funktion, die über das Befriedigen des Hungergefühls hinausgeht.
Auch andere Mechanismen beeinflussen den Zusammenhang zwischen Essen und Emotionen. Extrem scharfes Essen ist zum Beispiel so schmerzhaft, dass der Körper Endorphine ausschüttet, um den Schmerz erträglicher zu machen. Endorphine sind neben ihrer Funktion als Schmerzbekämpfer auch dafür bekannt, uns in leichte Euphorie zu versetzen. Manche Lebensmittel sind auch einfach durch ihre Inhaltsstoffe beliebter als andere. In Schokolade steckt zum Beispiel durch die Kakaobohnen eine Substanz namens Anandamid, die an den gleichen Stellen des Gehirns ansetzt wie die Bestandteile von Marihuana.
Verändert die Ernährung den Charakter?
Dieser Frage sind Forscher der renommierten Oxford Universität nachgegangen und haben in einem Experiment die Ernährung von Strafgefangenen untersucht. Meistens ist das Gefängnisessen eher einseitig, zusätzlich verzichten viele Gefangene freiwillig auf Obst und Gemüse. Die Forscher haben manche der Insassen mit Vitaminen, Mineralstoffen und gesunden Fettsäuren versorgt und dabei herausgefunden, dass die Gefangenen, die sich durch diese Maßnahmen gesünder ernährten als andere, auch weniger aggressiv wurden. Sie waren in weniger ernsthafte Zwischenfälle verwickelt und konnten ihre Emotionen besser kontrollieren. Dieses Ergebnis wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Zum Einen entstehen die Hormone, die unsere Emotionen regulieren, auch durch spezielle Moleküle, die in manchen Nahrungsmitteln enthalten sind.
Außerdem haben Forscher vor einiger Zeit die bahnbrechende Entdeckung gemacht, dass psychoaktive Bakterien im Darm direkt die Emotionen eines Menschen beeinflussen und ihrerseits wiederum durch das, was wir zu uns nehmen, beeinflusst werden. Jede einzelne Mahlzeit entscheidet also ein Stück weit darüber, wie wir uns fühlen und wie wir mit Stress oder Problemen umgehen.
Emotionen und Essen hängen stärker zusammen, als man sich bewusst ist. Daher macht es durchaus Sinn, sich den Verzehr von fettigen Pommes nicht nur aus Sicht der Figur zweimal zu überlegen, sondern auch aus Sicht des emotionalen Zustands etwas besser darauf zu achten, was man zu sich nimmt.