„Du bist schön“ – Zur Selbstliebe und Akzeptanz finden
Allen anderen voraus sollst du dich selbst lieben. Mit deinen Fehlern, deinen Makeln, Macken und Eigenheiten. Vor zwei Monaten habe ich ein Selbstexperiment gestartet, um zu lernen, mich selbst zu lieben. Jeden Tag für zwei Monate gebe ich meinem Spiegelbild ein Kompliment, verbunden mit einem einfachen „Du bist schön!“. Ob und wie sich meine Sicht zur Selbstliebe verändert hat, lest Ihr hier.
Was mache ich hier eigentlich?
Tag eins. Ich stehe nackt vor meinem Spiegel und betrachte mich von oben bis unten. Was mache ich hier eigentlich? Ich starre auf mein viel zu großes Muttermal schräg über meinem Bauchnabel. Auf meinen Oberschenkeln ziehen sich Wachstumsstreifen über meine Haut. Meine Haare sind dünn, der Bauch schwabbelt und über meine Füße wollen wir gar nicht erst reden. Ich atme schwer aus und schaue in mein rundes Gesicht. „Du hast ganz passable Augen.“, sage ich und setze ein ungläubiges „Du bist schön“ hintendran.
Einfach durchziehen
Tag vierzehn. Ich habe die ersten zwei Wochen geschafft und fühle mich immer noch merkwürdig, mir selbst ein Kompliment zu geben. Doch ich entdecke neue Dinge, die mir zuvor nicht aufgefallen sind. Zum Beispiel feine Sommersprossen auf meiner Nasenspitze, die ich mir am zehnten Tag zum Kompliment gemacht habe. Seit Tag fünf aber komplimentiere ich meine Augen, mein Lächeln, meine Zähne und meine Hände im Wechsel, weil mir nichts anderes einfällt. Im hintersten Teil meines Kopfes beginne ich mich zu fragen, ob ich vielleicht zu streng mit mir bin. „Du bist schön. Mir gefallen deine Sommersprossen.“, wiederhole ich mich und starte in den Tag.
Halbzeit zur Selbstliebe
Tag dreißig. So langsam finde ich Gefallen an meiner morgendlichen Tradition. Nase, Taille, Lippen, Schultern, Waden und Rücken habe ich jetzt zufrieden zum Teil meiner Schönheit deklariert und ich merke, dass ich mich merkwürdig fühle, wenn ich mir mein Kompliment nicht direkt am Morgen gebe. Ich finde immer neue Eigenheiten, manche gefallen mir, manche nicht. Ich frage mich, ob das schlimm ist oder nicht. Muss mir alles gefallen? Ist es so wichtig, vollständig perfekt zu sein? Muss ich alles lieben, damit dieses Experiment ihren Sinn bekommt? „Ich mag deinen wohlgeformten Po.“, murmele ich vorsichtig und bin mir merklich unsicher über meine Birnenfigur. „Du bist schön.“ Das ging mir heute leicht über die Lippen.
Der letzte Tag
Tag einundsechzig. „Dein Bauch ist nicht perfekt, aber ich liebe ihn trotzdem.“, sage ich und lächele mein Spiegelbild für eine ganze Weile an.
Vielleicht klingt das für Euch jetzt nach einem herbeigedachten Märchenende, aber ich fühle mich schön. Klar gab es in den vergangenen Monaten Tage, an denen mir das Kompliment schwerfiel und ich werde nie mit allem vollends zufrieden sein. Aber das Wichtigste, das ich gelernt habe, ist, dass ich nicht perfekt sein muss, um schön zu sein. Niemand ist perfekt und trotzdem sind wir alle schön. Das hätte ich meinem Ich vor meinem Experiment niemals geglaubt. Ihr seid schön und das macht Euch perfekt.