Mein Freund die Träne – wie Weinen uns inspiriert
Weinen ist der stärkste Ausdruck unserer Gefühle. Tränen begleiten uns in den schwierigsten und schönsten Momenten des Lebens. Nehmen wir uns einen ruhigen Augenblick, um den treuen Freund an einem alltäglichen Beispiel aus der Arbeitswelt zu erforschen. Wie entstehen unsere emotionalen Tränen? Weinen wir alle gleich? Wie führen uns nasse Augen zur Lösung unserer Probleme? Es folgt ein Schnellkurs im inspirierenden Weinen.
Entstehung einer Träne
Eine junge, aufstrebende Frau hat die Nacht unbezahlt gearbeitet, um das Projekt ihrer Firma zu fördern und präsentiert freudestrahlend ihre Ergebnisse am nächsten Morgen. Ihr unter Druck stehender Chef schmettert lautstark die Arbeit als Zeitverschwendung ab. „Mach nur deinen Job“, sagt sein strafender Blick, „und greif meine Autorität nicht an!“ Subtil und demonstrativ schreddert sie jede einzelne Seite herausfordernd vor seinen Augen. Durch unsere Protagonisten schießt Adrenalin. Sie blicken sich an. Ihre Herzen rasen. Sie atmen flacher. Die Hände werden feucht. Ihre Münder fühlen sich trocken an – sie müssen schlucken. Kommentarlos und überfordert verlässt der Chef das Büro der jungen Frau. Angst, Ohnmacht, Verwirrung, Unverständnis und Wut wechseln im Sekundentakt und entfalten sich im Innern der Zwei. Der Konflikt bietet das Brennholz und der individuelle Grad der Überforderung ist der Zündfunke.
Staudamm oder reißender Strom
Nehmen wir nun an, dass beide Protagonisten symbolische Tränen haben, dann fließen diese jetzt entweder nach innen – der männliche Weg der Verlagerung und Aktion oder nach außen – der weibliche Weg der Besinnung und Kommunikation. Im ersten Fall wird Überforderung durch Handlung gelöst. Im zweiten Fall findet Befreiung durch Kommunikation statt. Der Metaphorik folgend steigt der Chef innerlich schluchzend auf den Fitnesstrainer und die junge Frau weint sich bei einer Kollegin aus. Seine Tränen sind auf den Muskeln und ihre unter den Augen zu finden. Wissenschaftlich gibt es keine Evidenz darüber, ob das Zulassen von realen Tränen gesünder oder schädlicher ist als deren Unterdrücken.
Wenn die Inspiration kommt
Sein exzessiver Sport und ihr starkes Weinen sind ein Akt ungeheurer körperlicher Anstrengung. Die innere Anspannung bekommt ein äußeres Antlitz. Beide Methoden führen zur Entdeckung neuer Perspektiven, denn in der folgenden Entspannung – im „Nach-dem-Weinen“-Moment – liegt die Inspiration. Je mehr die Gefühle fließen dürfen und innere Widerstände zerfallen, umso befreiter und klarer werden wir. Die Gedanken und Muskeln lösen sich und eine Art „Mini-Flow-Erlebnis“ entsteht für einige Augenblicke. Wir fühlen uns wieder verankert im Hier und Jetzt. Diese Augenblicke absoluter Akzeptanz der Gegenwart sind die Inspiration für die Problemlösung. Wir reflektieren vergleichbare Konflikte oder entdecken plötzlich ungeahnte Details in unserer Umgebung. Auf dem Schreibtisch steht das vergilbte Foto der Familie und erinnert uns an eigene Krisen und Nächte voller Arbeit.
In unserem archetypischen Beispiel könnte sich der Chef für seine überzogene Reaktion entschuldigen, bevor die junge Frau ebenfalls einsichtig erklärt, dass sie ihre Kompetenzen überschritten habe. Nach neuerlicher Betrachtung werden ihre Ergebnisse vielleicht verwertet.
Weinen in all seinen Formen stärkt in schwierigen Situationen unsere Verbindung zueinander und hilft uns, neue Lösungsstrategien zu finden, entweder durch die entstehende Kommunikation oder durch den eigenen Perspektivwechsel.