Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser
Wer schon einmal miterlebt hat, wie sich ein Vertrauensbruch anfühlt, kann Redewendungen wie „Er hat den Boden unter den Füßen verloren“ oder „Eine Welt brach für sie zusammen“ besonders gut nachvollziehen. Vertrauen zu können ist etwas existenziell Notwendiges, gleichzeitig aber auch ein großes Geschenk. Das gute Gefühl, dass andere Menschen es ehrlich mit uns meinen, stillt unser tiefes Bedürfnis nach emotionaler Sicherheit und macht uns glücklich.
Wie alles anfängt
Im Normalfall entwickelt ein Kind bereits in seinen ersten Lebensmonaten, die es in vollkommener Abhängigkeit verbringt, ein tiefes Vertrauen – zu seinen engsten Bezugspersonen, die es liebevoll umsorgen. Dieses Vertrauen darauf, dass die Menschen gut sind, ist die wichtigste Erfahrung, die ein Kind machen kann. Nur, wer in frühester Kindheit ein stabiles und grundlegendes Vertrauen in die Menschen und in das Leben aufbaut, kann später auch einmal Rückschläge verkraften und gestärkt aus solchen Erfahrungen hervorgehen.
Wenn etwas schief geht
Bei einem Vertrauensbruch wird von einen auf den anderen Moment plötzlich alles anders. Das gute Gefühl von Sicherheit ist dahin, und die bittere Erkenntnis, dass jemand es nicht so ehrlich meinte, wie es immer den Anschein hatte, trifft uns wie ein Schlag ins Gesicht. Zu der maßlosen Enttäuschung über die fehlende Aufrichtigkeit eines Menschen kommen Zweifel an unserem eigenen Urteilsvermögen. Es scheint, als müsse alles, was bisher selbstverständlich schien, ab sofort in Frage gestellt werden.
Wie kann es danach weitergehen?
Im ungünstigsten Fall bleibt das Misstrauen und beeinflusst das gesamte Leben dauerhaft. Ausschließlich von Misstrauen geleitet, verpassen wir wunderschöne Augenblicke, die von Nähe und Geborgenheit geprägt sind und bringen uns selbst um viele wertvolle Erfahrungen. Meistens jedoch heilt die Zeit die schlimmsten Wunden. Allerdings müssen wir nach einer durchlebten Enttäuschung erst wieder lernen zu vertrauen. Geduld und gesunder Menschenverstand sind die besten Begleiter, wenn die Zweifel wieder einmal übermächtig sind. Wer auf seine innere Stimme hört und neue, positive Erfahrungen zulässt, gewinnt irgendwann auch wieder den Glauben an das Gute im Menschen. Zu erleben, dass eine neue (oder auch bestehende) Beziehung die innere Sicherheit und Stabilität zurückbringt, hinterlässt ein unermessliches Glücksgefühl.
Eine Freundschaft, die von einem tiefen, gegenseitigen Vertrauen geprägt ist, ist durch nichts zu erschüttern. Es ist vollkommen unerheblich, wie eng der Kontakt ist und wie häufig man sich sieht. Eine vertrauensvolle Freundschaft überzeugt durch Qualität, nicht durch Quantität. Das gute Gefühl, sich emotional fallen lassen zu können in der Gewissheit, dass es da jemanden gibt, der uns auf jeden Fall auffängt, ist durch nichts zu ersetzen. Noch schöner ist nur die tiefe Dankbarkeit dafür, dass es diesen Menschen gibt, der uns so nimmt, wie wir sind und mit dem wir uns verstehen – ohne große Worte, ohne detaillierte Erklärungen. Einfach so.
Wer einmal mit dem bitteren Gefühl eines Vertrauensbruches konfrontiert wurde, ist ein gebranntes Kind. Bei aller angebrachter Vorsicht ist es aber kontraproduktiv für ein erfülltes Leben, sich ausschließlich von Misstrauen leiten zu lassen. Vielmehr sollte man sich bemühen, den Menschen auch weiterhin eine Chance zu geben.